Traum vom Pferdehof

Beim Gang durchs Tor empfangen uns die großen Hofhunde Minnie und Aslesha mit lautem Gebell. Da ist Vorsicht angesagt. „Alles gut“, beruhigt Annika Berg, Besitzerin des Nußbaumhofs, „die Hunde sind ganz lieb, sie bellen einfach nur laut.“ Und die beiden Dohkys lassen uns tatsächlich ihr kuschelig weiches Fell streicheln. Annika Berg ist hier auf dem Nußbaumhof ihrer Großeltern mit aufgewachsen. Der Hof ist seit 13 Generationen und über 700 Jahren in der Familie. 2013 hat Annika den Hof von ihrer Tante und ihrem Onkel übernommen. Sie und ihr Mann haben ihn dann nach und nach von einem klassichen Bauernhof in einen Pferdehof verwandelt.

Die ehemalige Scheune sowie den Schweine- und Kuhstall haben die Bergs liebevoll saniert und daraus Liegehalle, Sattel- und Futterkammer gemacht. Alles ziemlich ordentlich und sauber denke ich. An den Wänden sieht es mit den vielen Garderobenhaken ein bisschen aus wie in den Kindergärten, nur größer. Jedes Pferd hat seinen eigenen Haken mit Namensschild, an dem Halfter, Trense und weiteres Zubehör hängen – und alle in individuellen Farben und Formen. In der Sattelkammer ist es ähnlich.

Ponyparadies unter Apfelbäumen

Nach der Sattelkammer gehen wir durch den offenen Unterstand links ab zum „Ponyparadies“, wie Annika Berg ihre Ponywiese liebevoll nennt. Und ich kann das nur bestätigen. Sechs bunt gemischte Ponys grasen unter den Apfelbäumen zwischen Paddock und Roundpen, dem runden Reitplatz fürs Longieren. Als Erstes gehen wir zu Max, einem weißen Pony mit ganz kuscheliger Mähne. Er ist mit seinen 23 Jahren der Älteste. Picco, das braun-weiß gescheckte Zirkuspony ist ca. 20 Jahre alt und lebt schon sehr lange hier. „Picco ist mein Hofmaskottchen, er war das erste Pony, das ich mir gekauft habe. Er hat im Zirkus schon viele Kinder glücklich gemacht, daher reiten wir ihn heute nicht mehr. Aber Eva, seine Pflegebeteiligung übt kleine Kunststücke mit ihm. Er kann sich hinlegen und „Bitte“ und „Danke“ sagen“, lacht Annika.

Pferde auf der großen Weide

Von der Ponyweide aus sehen wir schon „die Großen“ ca. 300 Meter entfernt auf der Weide: Insgesamt 20 Pferde, 4 eigene Großpferde und 16 Einstellerpferde, grasen dort oben seelenruhig unter blauem Himmel auf saftig grünen Wiesen, jedes anders und besonders. Ein traumhafter Blick. Annika zeigt auf die Wiesen in unserem Blickfeld. „Alles, was man hier sieht, gehört zum Hof, ca. 10 Hektar und alles ist Weidefläche für die Pferde und Ponys.“

Wir machen einen wundervollen Spaziergang auf dem Rundweg und nähern uns Schritt für Schritt den großen Pferden. Das ist schon anders als bei den kleinen Ponys. Mit großem Respekt schlängeln Frieda und ich uns durch den Elektrozaun und suchen nach Avatar, dem Chef der Herde. Da, ganz hinten haben wir den schwarzen Wallach entdeckt. „Nicht der Stärkste oder der Älteste wird zum Herdenchef. Es ist wichtig, dass er Ruhe bewahren kann und mit ganz wenig einem anderen Pferd sagen kann: ‚Geh jetzt mal weg‘“, erzählt Annika. Und diese Ruhe strahlt er auch aus.

Offener Bewegungsstall

Auf dem Weg zurück von der Pferdeweide zum Paddock erklärt uns Annika das Besondere über die Pferdehaltung auf ihrem Hof. „Der Rundweg ist für die Pferde, die sich hier offen bewegen können. Wir haben ein Offenstall-Konzept, ich nenne es Bewegungsstall, denn die Pferde dürfen den ganzen Tag laufen, wo sie wollen: auf der Weide, dem Weg oder unterm Paddock. Pferde in freier Wildbahn leben genau so, das ist mir wichtig. Regen macht ihnen nichts aus. Die meisten stellen sich sogar mitten in den Regen rein“, erzählt Annika. „Nachts ist die Weide zu, dann sind die Pferde in dem kompletten Bereich unterm Paddock, weil ich dann schon wissen möchte, wo sie sind und ob es ihnen gut geht.“

Auf das Futter kommt es an

Um die Versorgung der Pferde kümmert sich die Familie selbst, denn bei Pferden ist es wichtig, welche Pflanzen im Heu sind. „Kühe vertragen alles, aber bei Pferden kann es tödlich enden, wenn für sie giftige Pflanzen, zum Beispiel Jakobskreuzkraut und Fingerhut, im Heu enthalten sind.“ Auf 30 Hektar bauen sie Heu an, einen Teil für sich selbst und einen Teil wird verkauft. Aber die Pferde fressen nicht nur Gras und Heu. Annika zeigt uns die Futterkammer. Jedes Pferd hat hier 2-3 der weißen Boxen mit individuellem Futter. Sie schwärmt: „Hier riecht es immer so gut, auch meine zwei Söhne (2 + 4) lieben das hier.“ Und Frieda ist ebenso begeistert und möchte am liebsten in alle Boxen schnuppern.

Wellness gibt’s auch

Den Pferden geht es gut, dafür sorgen auch viel Extras hier auf dem Hof, die mit Liebe von den zum großen Teil selbst gebaut sind. Im Unterstand gibt es das „Solarium für Pferde“, wie Annika die Konstruktion aus selbst gebastelten Schweinchenwärmelampen an der Decke nennt. Sie sind nicht zum Bräunen, sondern zum Erwärmen der Muskeln vor dem Reiten gedacht, wenn es im Winter relativ kalt ist. „Wir lassen sie dort auch fressen, das ist dann wie Wellness.“ Dann führt sie uns weiter zur Solekammer. Sie sieht aus wie eine Sauna, nur ohne Bänke. Den Pferden mit Lungenproblemen tut der extra Sauerstoff mit Kochsalzlösung sehr gut. „Dann ist das ein bisschen, als würde man Urlaub am Meer machen. Nur nicht ganz so gemütlich“, lacht Annika. Hustende Pferde werden immer mehr. Auch die Tierärztin sagt „Es ist Wahnsinn, ich werde nur noch zu hustenden Pferden gerufen.“ Auch im Winter, wenn meine Söhne erkältet sind, machen wir eine halbe Stunde „Inhalieren in der Solekammer“.

Ponyführerschein

Zum Schluss zeigt uns Annika voller Stolz die neue Reithalle. „Da war früher der Bullenstall und der Hühnerstall. Und nun haben wir die Reithalle draufgestellt, das ist mein ganzer Stolz“, schwärmt Annika und das sieht man ihr auch an. Sie ist gelernte Arzthelferin und hat sich nach und nach weitergebildet zur Reittherapeutin, Pferdemanagerin und Reitpädagogin. „Ich wollte immer tiefer in die Materie eindringen vom Pferd. Und nun möchte ich es an die Kinder weitergeben. An der Tür hängen gemalte Pferdebilder von Kindern. „Die sind Bestandteil von unserem neuen Pferdeführerschein“, erklärt uns Annika. „Bei uns bestehen Reitstunden nicht nur aus Reiten, Satteln und Putzen, sondern auch aus Theorie.“ Diese Methode möchte sie in diesem Jahr auch ausweiten, denn wer reiten möchte, sollte zum Beispiel auch wissen, welche Teile zum Sattel gehören oder was Pferde fressen dürfen und wie ein Pferd von innen aussieht.

Zurück zum Anfang

Nun führt uns unser Rundgang wieder zurück auf den Hof zu Minnie und Aslesha, die nun friedlich auf dem Pflaster liegen. Ich bin beeindruckt und habe viel gelernt heute auf dem Nußbaumhof. „Und was war das Schönste an diesem Tag?“, möchte ich natürlich von Frieda wissen? „Alles war schön, aber am tollsten war die Futterkammer, weil es dort so gut gerochen hat“, schwärmt Frieda. Für mich war es der Gang zu den Ponys unter den Apfelbäumen und der offene Blick auf die entspannt grasenden Pferde oben auf der großen Weide. Frieda und ich fahren entspannt und mit vielen schönen Bildern im Kopf nach Hause und sind uns sicher, wir kommen wieder.

Nussbaumhof

Annika Berg und Harald Rupp
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