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Kita-Leiterin Ulrike Felbinger bestätigt unsere Ahnung, dieser Ort müsse ein besonderer sein: „Wir sind ja im früheren KJG-Häuschen, und das weckt bei den alteingesessenen Dieburgern so manche Jugenderinnerung.“ Nun hat am einstigen Schauplatz legendärer Lagerfeuer und Zeltabenteuer also die erste Waldkita Dieburgs eröffnet.

Behagliches Tiny House mit Kaminofen

Vor dem Einzug im April wurde das Einraum-Haus durch die Stadt Dieburg von Grund auf renoviert: Auf dem Dach erzeugt eine Solaranlage Strom, ein Geräteschuppen wurde angebaut und eine Komposttoilette aufgestellt. Das Highlight ist aber der Innenraum, der locker als Titelmotiv für ein
Hochglanz-Wohnmagazin herhalten könnte: rustikale Dielen, Terrakotta-Fliesen, moderner Kaminofen vor einer dunkelgrau gestrichenen Wand – umwerfend gemütlich. Dabei ist ein Großteil der Einrichtung gar nicht neu gekauft, sondern wurde gespendet. So wie die hölzerne Sitzgruppe in der Raummitte: eine umgebaute Kita-Garderobe. „Der nachhaltige Gedanke, Umweltschutz und Müllvermeidung, das ist uns schon sehr wichtig“, erklärt Felbinger.

„Der nachhaltige Gedanke, Umweltschutz und Müllvermeidung, das ist uns schon sehr wichtig“

Mulch fürs Kompost-WC

Trotz aller Behaglichkeit ist der Alltag bei den „Pfad-Findern“ simpel. Weil es kein fließen- des Wasser gibt, befüllen die Eltern täglich reihum einen 10-Liter-Kanister. Der spendet das benötigte Nass, um Hände zu waschen oder den Malbecher aufzufüllen. Ja, und wie ist das, wenn man mal muss? Felbinger führt uns zu einer Holzkabine neben der Terrasse:
„Unsere Komposttoilette! Die funktioniert ganz ohne Wasser.“ Aufs Geschäft kommen einfach ein paar Schaufeln Rindenmulch, fertig. Wir stecken mal kurz die Nase rein – nichts riecht.

Wenn Bäumen Gesichter wachsen

Der Kita-Tag startet morgens am kleinen Kirschbaum. Hier sagen die Kin- der den Eltern tschüs und eine Erzieherin übernimmt.
Große Baumstümpfe auf der Wiese laden um neun Uhr zum Morgenkreis, im Anschluss gibt’s ein kleines Frühstück. Das dient vor allem der Gemeinschaft, denn, so Erzieherin Sarah Unold: „Bei uns dürfen die Kinder dann essen, wenn sie Hunger haben.“ Auch deshalb ist die Brotzeit immer mit dabei, wenn’s vormittags in den Wald geht. „Gerade schauen wir uns nach den besten Matsch-, Töpfer- und Musikplätzen um“, erzählt Unold. Matschgesichter an Bäume zaubern, Matsch-Darts mit Kiefernzapfen spielen oder Baumstamm-Musik komponieren – aus der jungen Erzieherin sprudeln die Ideen und sie strahlt angesichts der vielen kreativen Möglichkeiten, die die Natur bietet.

Tausendfüßler, Mistkäfer, eine Ameisenstraße: Unterwegs nehmen die Kinder auch neugierig alles unter die Lupe, was da kreucht und fleucht. Gleich mehrere Riesen-Vergrößerungsgläser sind neben Pflaster & Co. fester Bestandteil im Erzieherrucksack.

Sich wie die Großen fühlen

Wenn gerade keine Waldabenteuer anstehen, wird auch mal praktisch angepackt. Ulrike Felbinger erzählt, wie die kleinen Pfad-Finder mit Feuereifer Holzscheite in ihren kleinen Schubkarren transportiert und gestapelt haben. „Wir haben ihnen erklärt, warum wir das machen – damit im Winter wieder Holz zum Heizen da ist.“ Für die Kinder sei wichtig, zu erfahren, dass sie als Menschen ernst genommen werden. „So spüren sie: Es ist nicht wurscht, was ich mache. Da geht es auch um Selbstwirksamkeit.“ Zum Ernstgenommen-Werden gehört auch, dass selbst die Kleinen echte Werkzeuge und Schnitzmesser benutzen dürfen – unter Anleitung.

Manchmal wird aber auch einfach gemalt und gebastelt. Gerade erst haben die Waldkinder Blüten in einer Pflanzenpresse getrocknet. Stifte, Pinsel und Papier stehen täglich draußen bereit, und die Kinder können sich jederzeit Brettspiele, Murmelbahn und andere Schätze aus dem Spielefundus holen. „Es ist schon wichtig, dass Kinder auch diese Erfahrungen machen“, erklärt Felbinger. „Wir sind ja nicht weltfremd.“

„Aber im Winter ist es doch kalt…“

…klar, aber man gewöhnt sich dran. Überhaupt versucht die erfahrene Kita-Leiterin permanent, Ängste und Vorbehalte mancher Eltern („die Gefahren“, „lernen die überhaupt was?“) zu zerstreuen. Sie ist überzeugt: „Respekt vor der Natur ist immer gut. Angst ist aber fehl am Platz.“

Da kommt die sechsjährige Selma mit einer Weinbergschnecke auf der Hand auf uns zugelaufen. „Guckt mal, was ich da habe!“, ruft sie stolz. Ihr kurzärmeliges Kleid ist nach dem Vormittag nicht mehr ganz so weiß wie am Morgen. „Waldkindergarten finde ich echt cool“ erzählt sie. Und als wir sie fragen, was sie hier am liebsten spielt, kommt eine überraschende Antwort: „Matchboxautos!“ Doch auch dafür ist in der Waldkita Platz.

So kannst du den Waldkindergarten finden

Waldkindergarten die „Die Pfad-Finder“

Auf die Mark 24
64807 Dieburg

Träger

NRD OD Orbishöhe GmbH

Leitung

Ulrike Felbinger

Betreuungszeiten

8 bis 14 Uhr

T  0175-3539033
M ulrike.felbinger@nrd-orbishoehe.de