Daneben entstanden auch Sägemühlen, Ölmühlen und Hanfreiben, es wurden Papier und Schießpulver hergestellt, Knöpfe und Spiegel geschliffen. Mit der Industrialisierung kam die Mühlengeschichte an einen Wendepunkt. Dampfmaschine und Elektromotor verdrängten die kleinen Wasserkraftwerke mehr und mehr und bis zum heutigen Tage hat bei uns kaum eine aktive Mühle überlebt.

So hat das über die Jahrhunderte funktioniert. Warum sollte das heute nicht funktionieren?

Aber ja, es gibt sie noch!

Von den fast 19.000 Mühlen, die im Jahr 1950 in Deutschland immerhin noch existierten, ging ihre Zahl bis 1980 auf rund 2.500 zurück. Ganze 550 sind heute geblieben, dabei beherrschen wenige Großmühlen den Markt. Und doch gibt es auch noch einige wenige regionale Mühlen, die sich über all die Jahre und Jahrhunderte behauptet haben.

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Type 405, 550, 1050 – was heißt das?

Die Typenzahl auf der Mehlpackung verrät, wie stark das Mehl ausgemahlen wurde und damit auch seinen Mineralstoffgehalt. Je höher die Zahl ist, desto mehr Magnesium, Eisen und Zink stecken drin. Vollkornmehl hat übrigens keine Typenbezeichnung, weil darin ohnehin alle Bestandteile des Korns samt Keim, Schale und Mehlkörper vermahlen sind. Hätte es eine, würde sie 1.800 lauten.

Vier Mühlen – stark für die Region

Eine davon ist die Herrnmühle in Reichelsheim, die ihr bereits weiter vorne kennengelernt habt. Eine zweite ist die Schlossmühle in Ober-Ramstadt, die sogar als modernste Mühle Südhessens gilt. Genau wie die Schuchmann-Mühle in Groß-Bieberau – die dritte im Bunde – bezieht auch sie ihr Getreide von regionalen Landwirten und beliefert ausschließlich Geschäftskunden, sprich die Bäckereien und Konditoreien im Umkreis.

Eine vierte, ebenfalls ganz besondere Mühle im Umkreis ist die Knecht-Mühle in Obernburg. Sie ist Deutschlands erste Bio-Mühle und Müllerstochter Martina Knecht ist amtierende bayerische Mehlkönigin. Im eigenen Hofladen gibt es ein großes Angebot an eigenen Mehlen und Getreiden, Müsli und Zubehör rund ums Backen.

Alle vier Mühlen im Umkreis spielen eine ganz zentrale Rolle für eine funktionierende, regionale Wertschöpfungskette. Vom Feld zur Mühle zum Bäcker zum Kunden: „So hat das über die Jahrhunderte funktioniert. Warum sollte das heute nicht funktionieren?“ bringt Müller Rainer Feick es auf den Punkt.

Ein Blick zurück… Die Tannenmühle in Habitzheim

Friedel Haas erinnert sich gut an die alten Tage. Er ist in der Tannenmühle geboren, die seit 1756 im Besitz der Familie Haas ist. „Bis in die 1960er-Jahre haben wir hauptsächlich das in Säcke gefüllte Getreide bei den Bauernkunden abgeholt und das fertige Getreideschrot und die anfallende Kleie zurückgebracht, oder eben das Roggenmehl direkt an die jeweiligen Bäcker angeliefert. Der Mahl- und Schrotlohn wurde dafür von den Bauern bar entrichtet.

Wegen des Rückgangs der bäuerlichen Betriebe war der Weiterbetrieb der Mühle nicht mehr möglich und das Müllergewerbe wurde im Jahre 1970 eingestellt. Die Wasserkraft wird seitdem aber noch für Stromerzeugung genutzt und im Jahre 1983 dessen Einspeisung in das Stromnetz eingerichtet.“

Zum Vormerken: Deutscher Mühlentag ist am 12. September 2021.
www.deutsche-muehlen.de

So kannst du die Tannenmühle finden

Tannenmühle

Tannenmühle 1
64853 Otzberg