Wie hat das bei Ihnen überhaupt mit der Schauspielerei angefangen?
Yvonne Vogel: Ich spiele tatsächlich schon seit 46 Jahren. Schon während meiner Schulausbildung hab ich Schauspielunterricht gehabt und kurz nach dem Abitur meine Abschlussprüfung als Schauspieler gemacht. Habe dann zwei Jahre gespielt, mir dann aber gesagt: Ich hab mein Abi nicht umsonst gemacht. Also bin ich nach Berlin gegangen zum Studieren, wollte dann aber auch noch etwas Praktisches machen und habe eine Ausbildung zur Fotografin und Fotodesignerin gemacht. So, und dann bin ich wieder ans Theater gegangen. (lacht)
Für Tatüt ist halt toll, dass ich alles selbst machen kann und auch will. Ich male unsere Plakate, ich baue unsere Puppen, unsere Bühnenbilder, gestalte unsere Bühnenprospekte …
Jens Horn: Sie sehen schon, Yvonne ist definitiv die Umtriebigere von uns beiden. Mein Weg zum Theater war ein ganz anderer. Und eigentlich bin ich erst durch die Begegnung mit ihr dorthin gekommen. Ich hatte Musik gemacht, Gitarre, Banjo, Mandoline. Yvonne fragte mich damals nach Musik für ein Kindertheaterstück. Inzwischen bin ich auch schon seit 30 Jahren dabei.
2004 haben Sie das mobile Kindertheater Tatüt gegründet …
Jens Horn: Wir wollten ein Theater für den Odenwald, Darmstadt-Dieburg und den Kreis Bergstraße auf die Beine stellen.
Yvonne Vogel: Und zwar mobiles Theater, darum ging es uns. Ich war lange am Theater Platanenhain in Darmstadt gewesen, habe unheimlich viele Bühnenbearbeitungen geschrieben, für Preußler-Bücher, für den „kleinen Eisbär“, und, und, und. Irgendwann habe ich gesagt, ich würde gerne mal eigene Stücke schreiben.
Jens Horn: Wir brauchten anfangs einen langen Atem, bis wir uns hier bekannt gemacht haben, mussten uns erstmal einen Namen erspielen. Das ist uns inzwischen doch gelungen, und das ist ein gutes Gefühl.
Yvonne Vogel: Wenn wir die Eigenveranstaltungen haben und die sind wirklich gut besucht, dann geht uns natürlich das Herz auf. Das ist nichts, um was dran zu verdienen – wir sind ja sehr günstig geblieben mit den Eintrittspreisen. Sondern, weil wir wollen, dass auch Leute mit wenig Geld sich Kindertheater leisten können …
Wenn Sie da 150 Kinder sitzen haben mit zwei Erziehern, da geht der Punk ab …
Yvonne Vogel
Was fasziniert Sie am Kindertheater?
Yvonne Vogel: Kinder sind ein tolles Publikum. Weil sie unheimlich spontan und ehrlich sind. Man muss auch selber super ehrlich spielen und unheimlich präsent sein, weil man sonst einfach verloren hat. Also, man wird ausgebuht oder die Kinder werden laut und unruhig….
Jens Horn: … oder sie langweilen sich. Das ist am Schlimmsten.
Yvonne Vogel: Erwachsene sind da viel wohlerzogener, die bleiben dann halt sitzen, sagen nichts und gehen dann raus. Kinder sind da ganz anders. Wenn Sie da 150 Kinder sitzen haben mit zwei Erziehern, da geht der Punk ab …
Erinnern Sie sich an besonders schöne oder lustige Momente?
Jens Horn: Ach, da gab es sehr viele Situationen.
Yvonne Vogel: Bei unserem Stück „der Glückspilz“ fragt die Fee die Kinder, was sie denn glücklich machen würde. Meistens kommt dann etwas wie „Fußball spielen“ oder „Eis essen“ oder „mit den Eltern kuscheln.“ Besonders schön war, als ein Kind sagte: „Ich wünsche mir gar nichts. Ich bin ja glücklich, weil du da bist.“
Jens Horn: Ich weiß noch, wie ich in meiner Anfangszeit den großen dicken Waldbär gespielt habe. Ich sagte also: „Ich bin der große dicke Waldbär“. Und dann rief ein Kind in der ersten Reihe, die Mama saß neben ihm: „Meine Mama ist aber viel dicker als du!“ Kindertheater ist halt einfach direkt.
Ist es einfacher, vor kleineren oder vor größeren Kindern zu spielen?
Yvonne Vogel: Lässt sich gar nicht so sagen …
Jens Horn: Es kommt auch darauf an, ob die Kinder ans Theater gewöhnt sind. Ob sie herangeführt werden von den Pädagogen. Wenn die Eltern schon mal mit ihnen im Theater waren, macht das die Sache sicher ein bisschen einfacher. Aber jede Vorstellung ist immer eine Herausforderung.
Yvonne Vogel: Wenn dann ein Kind, das noch nie im Theater war, hinterher rausgeht und sagt: Der Film war klasse, dann ist das natürlich großartig.
Waren die letzten zwei Corona-Jahre sehr schwierig für Sie?
Yvonne Vogel: Oh ja, wir mussten ja unsere ganzen Eigenveranstaltungen absagen, und in den Kitas ist auch alles ausgefallen. Also, es war sehr hart. Wir haben zwei Jahre lang mehrgleisig gearbeitet. Für Tatüt habe ich zum Beispiel einen eigenen Youtube-Kanal aufgelegt oder Kurzstücke geschrieben. Ich habe aber auch ganz viele andere Sache gemacht: Zeichentrickfilme oder eine Sprachförderseite für Familien mit Kindern zu Hause. So haben wir uns irgendwie über Wasser gehalten.
Jens Horn: Gerade das erste Jahr war extrem schwierig. Ich hab da teilweise nen dreifachen Lockdown gehabt: als Musiker, als Schauspieler und als Spracherzieher in den Kitas. Ich hab dann als Gärtner gearbeitet. Das war schon eine besondere Erfahrung … (lacht)
Haben Sie mal überlegt, alles hinzuschmeißen?
Yvonne Vogel: Nein!
Jens Horn: Nö! Aber es wäre schön, wenn das normale Leben wieder mal in Gang kommt.
Lieblingsrolle
Macht auch mal Spaß: „Im Glückspilz muss ich den Bösen spielen. Da bin ich so einen ganz granteliger, miesepetriger Zwerg, der an allem was auszusetzen hat.“
Lieblingskostüm
Yvonne Vogels Lieblingskostüm ist der Geier aus dem Weihnachtsstück „Alle Jahre wieder.“ Sie hat fast alle Kostüme selbst gemacht: „Nähen kann ich zwar nicht so gut, aber sehr gut kleben.“
Theater aus der Tüte
www.theaterausdertuete.de
„Hier kommt eine Tatüte“: unterhaltsame Videos auf Youtube