In der Brunnerstraße wird heute noch geschlachtet
In den 1880er-Jahren baute auch Philipp Buchsbaum seine Wild- und Geflügelhandlung in der Brunnerstraße auf. Dort wird, mittlerweile in der Urenkelgeneration und als „Bauer Mann“, auch heute noch geschlachtet und gerupft. Der Betrieb ist einer von zwei verbliebenen Geflügelhändlern und der einzige Bettfedernhändler im Ort. Doch anders als der Urgroßvater zieht Klaus Mann seine Tiere selbst groß – auf dem 17 Hektar großen Freilandgeflügelhof am Ortsrand. Einige Angestellte gehen ihm dabei zur Hand und an den Wochenenden ist die gesamte Familie mit an Bord. Besonders stolz ist der Landwirt darauf, dass nun auch sein Sohn Nils voll in den Betrieb eingestiegen ist. Der 19-Jährige hat gerade seine Ausbildung abgeschlossen, und für ihn steht außer Frage, dass er den Hof in die sechste Generation führen wird.
Gänse, Nackthalshennen und Nandus
Wer über den weitläufigen Aussiedlerhof der Manns schlendert, dem schallt gleich zur Begrüßung das aufgeregte Schnattern Hunderter Gänse und Enten entgegen. Die Hälse gereckt, watscheln sie geräuschvoll über die Wiesen. Weiter hinten tummeln sich Truthähne in luftigen Gehegen, jagen Perlhühner herum und spielen Wachteln im Stroh Verstecken. Ziegen, Hasen und Angusrinder: die Manns haben eine kunterbunte Truppe auf dem Hof versammelt. Darunter sind auch viele ungewöhnliche Tiere, beispielsweise Nackthalshühner. Und seit kurzem staksen sogar einige Nandus übers Gelände. „Wir wollen eben etwas anbieten, das andere nicht haben“, erklärt Klaus Mann sein Erfolgsrezept.
Wie viele Tiere insgesamt auf dem Hof leben, will der sympathische Landwirt mit der runden Hornbrille dagegen nicht verraten. „Es ist unwichtig zu wissen, wie viele es sind. Sondern wie es den Tieren geht.“ Getreu dem Bauernhof-Motto „bis zum Tode gut gelebt“ sind eine artgerechte Haltung und natürliche Fütterung eine Selbstverständlichkeit – schon immer, und nicht erst, seitdem „bio“ im Trend liegt.
„Genügend Zeit zum Wachsen“
Wie dieses gute Leben aussehen kann, illustriert Mann drüben am Schweinegehege. Dort suhlt sich ein dickes Wollschwein genüsslich grunzend im Wasserbecken. Im Stall nebenan dösen ein paar klitzekleine Iberico-Ferkel an den Zitzen der Muttersau. Hier draußen, an der frischen Luft und mit einer Menge Auslauf, dürfen die Tiere rund ein Jahr lang leben, bevor’s zur Schlachtbank geht. Das ist eine ganze Ecke länger, als so manchem konventionell gehaltenen Schwein zugestanden wird. „Die Schweine haben genügend Zeit zum Wachsen“, erklärt Mann seine Philosophie. Gefüttert werden sie in erster Linie mit Gras, aber auch Getreide und Rüben. Damit ähnelt der Speiseplan jenem, den die Tiere draußen in der Natur vorfinden würden. Wollschweine stammen ursprünglich aus der ungarischen Puszta, wo sie – so erklärt es Klaus Mann – „so wie Rinder grasen“.
Das langsame Wachstum und die natürliche Fütterung schlagen sich auch in der Fleischqualität nieder: „So ein Kotelett zieht sich in der Pfanne kaum zusammen. Außerdem bleibt es immer schön saftig, weil das Fleisch überall von feinen Fettadern durchzogen ist.“
Frisch Geschlachtetes im Hofladen
Wer sich eine konkrete Vorstellung von genau solch einem saftigen Stück Fleisch machen möchte, dem sei ein Besuch im Hofladen empfohlen. Der öffnet jeden Donnerstag und offenbart Feinschmeckern ein kleines Schlaraffenland an Delikatessen, die das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen: Neben Perlhuhnbrüstchen und Barbarieenten-Flügeln sind ganze Wachteln und Entenkeulen aufgereiht; Zicklein, Angusrind und Hase inspirieren Hobbyköche, mal was Neues auszuprobieren, während die hausgemachten Lamm-, Wild- oder Wollschweinbratwürste Lust aufs Grillen machen.
Und wenn es schließlich in Richtung Weihnachten geht, könnte ein Kapaun die richtige Besetzung für die Festtafel sein. Der kastrierte Hahn genießt in Frankreich den Status einer Weihnachtsgans. „Die Weihnachtsgans bleibt aber der Klassiker bei uns. Ab Oktober gibt es jede Woche frische Gänse, natürlich zu Martini und bis Weihnachten.“ Übrigens stammen viele der Würz-Zutaten für die Wurstwaren aus dem eigenen Bauerngarten, den die Manns auf dem Bauernhofgelände angelegt haben. Weil Federvieh ja bekanntlich die Eigenschaft hat, Eier zu legen, gibt’s auch diese im Hofladen reichlich zu kaufen: von mini bis mega, von lustig gesprenkelt bis lindgrün.
In Frau Holles Atelier
Erst seit 2010 gibt es die Bettfedernwerkstatt der Familie Mann im Ort. Das Fachgeschäft rund um den guten Schlaf knüpft allerdings an eine lange Tradition an – hatte doch bereits der Urgroßvater mit Bettfedern gehandelt, später wurde die weiche Ware an Bettfedernfabriken geliefert. Doch die Globalisierung zwang den Weltmarktpreis für Federn in den Keller und das Geschäft lohnte nicht mehr. Der Trend hat sich inzwischen gewandelt. Regionale Produkte stehen wieder hoch im Kurs. Aber auch die Fernsehbilder von qualvoll, am lebendigen Leibe gerupften Tieren haben ein Umdenken eingeleitet. Zwar ist der Lebend-Rupf in der EU gesetzlich verboten, in Asien etwa aber weiterhin erlaubt und wird selbst in Osteuropa teilweise noch praktiziert. In der Bettfedernwerkstatt erhalten Kunden Kissen und Decken, die mit Daunen oder Federn aus eigener Gänsezucht befüllt sind, ausschließlich nach dem Schlachten gewonnen werden – und für einen guten Schlaf sorgen.
So kannst du den Bauer Mann Hofladen finden
Hofladen
Brunnerstraße 18
64846 Groß-Zimmern
Do 9-18 Uhr
Kleinmarkthalle
Hasengasse 5
60311 Frankfurt am Main
Galerie Stand 5-8
Fr 8-18 Uhr, Sa 8-16 Uhr